Schubert, Keyboards, Knopferlharmonika

13. März 1996
Thomas Pernes realisiert, noch bevor in Wien über "offene Regionen" diskutiert wird, sein eigenes grenzüberschreitendes Projekt: Ein Avantgardist entdeckt Schubert.

"Das ist ja", sagt er, "einer der Hauptgründe, daß wir keine Subventionen bekommen" - Thomas Pernes, einst führender Kopf der jungen Wiener Avantgarde, hat Schubert entdeckt, behauptet, man könne mit dem romantischen Erbe, aber auch mit Ländlern und Jodlern heute noch etwas anfangen - und will den Beweis dafür antreten.

"Das", so kommentiert er die Haltung der offiziellen Musikunterstützer unseres Landes, "darf heute noch immer nicht sein"; man hat auf Kuratorenseite seine Vorstellungen, was Avantgarde ist und was nicht. Letzteres muß schauen, wo es bleibt.

Es bleibt, im Falle von Thomas Pernes, zum Beispiel in den CD-Playern so unterschiedlicher Konsumenten wie Wiener Intellektuellen und Salzburger Sennerinnen. Seit kurzem arbeitet der Komponist in Trio-Formation, mit Karl Ritter, einem Mitglied von Ostbahnkurtis Band, und Georg Eder, einem Virtuosen auf der Knopferlharmonika.

Mit Eder hat Pernes schon zusammengearbeitet, als er 1983 daran ging, Volksmusik aus dem Ausseerland mit eigenen avantgardistischen Versuchen zu einem Werk namens "Alpenglühn" zu verdichten (von Bernd Bienert an der Staatsoper dann faszinierend vertanzt). Jetzt dient Alpenglühn als Basis für neue Kreationen des Trios Ritter, Pernes, Eder, die am Donnerstag (19 Uhr) in der Wiener Alten Schmiede zu hören sein werden. Da erreicht man zwar avantgardistische Bereiche, nimmt aber eben auch bei Franz Schubert Maß.

Nicht von ungefähr: "Wenn man erkennt, daß sechzig Jahre Avantgarde in eine Sackgasse geführt haben, kann man nicht auf Dauer die Augen verschließen und so tun, als ginge das alles ad infinitum so weiter" (Pernes).

Vielleicht bringt die neue Melange aus "E" und "U" und "Ethno", aus "Avantgarde" und "Reaktion" den ersehnten Urknall - oder jedenfalls die Sprengung all dieser Begriffe, die den freien Blick aufs Wesentliche, auf die klangliche Realität der Musik nämlich, eher verstellen als ihn fördern . . .
 

↑DA CAPO